Anzeige

ad.zanox.com/ppc/?6184526C1256660424T&ULP=/23096258Produkt-Deeplink%3C/a%3E www.globetrotter.org

Sie sind hier: Traumziele der Welt / Europa / Deutschland / Bopfingen

Jüdische Friedhof von Oberdorf

Zum ersten Mal werden 1587 Juden in Oberdorf namentlich erwähnt. Mit Einwilligung der Grafen von Oettingen ließen sie sich auf deren Besitzungen in Oberdorf nieder. Das Verhältnis zwischen Grafen und Juden regelten sogenannte Schutzbriefe (Verträge), die von der Herrschaft ausgestellt wurden. Gegen eine Vielzahl von Steuern wurde den Juden eine weitgehende Selbstverwaltung und freie Religionsausübung erlaubt.
Im Jahre 1711 gründeten die Juden eine eigene Gemeinde. 1745 wurde die jetzt noch bestehende Synagoge eingeweiht. Eine jüdische Schule und ein Frauenbad wurden 1823 eingerichtet. Ein Jahr später kam ein Friedhof hinzu.

Genießen Sie weitere Impressionen

Zwischen 1832 und 1930 war Oberdorf Rabbinatssitz. 1845 wohnten in Oberdorf 869 Christen und 545 Juden. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. wanderten viele Juden in die Städte und nach Amerika aus. Zu Beginn des 20. Jh. wohnten in Oberdorf noch 128 Juden. 1933 waren es noch 89 Juden. Während des Novemberpogroms 1938 zerstörte ein von der SA gelegtes Feuer teilweise die Inneneinrichtung der Synagoge. Danach wurde die Synagoge an die Gemeinde Oberdorf verkauft, die sie dann 1940 an den Turnverein Oberdorf weiterverkaufte. Während des Krieges diente sie als Unterkunft für Zwangsarbeiter.
Bis August 1942 wurden aus Oberdorf 88 Juden in vier Deportationszügen in die Todeslager verschleppt und ermordet. Damit war die jüdische Gemeinde Oberdorf ausgelöscht.

Zur Geschichte der jüdischen Friedhöfe
In vielen Städten lebten im Mittelalter Juden. Ihre Friedhöfe errichteten sie außerhalb der Stadtmauern. Nach den Judenverfolgungen des 13./14. Jhs. und nach den Judenausweisungen aus den Städten um 1500 wurden viele Friedhöfe zerstört. Manchmal erinnern Flurnamen an einen ehemaligen jüdischen Gottesacker.
Nach ihrer Vertreibung aus den Städten fanden die Juden Schutz bei verschiedenen Herrschaften. Selbstverständlich war der Schutz nicht kostenlos. In diesem Fall sprechen wir dann von Schutzjuden. Die Herrschaften erlaubten auch das Anlegen von Friedhöfen.
Im 19. Jh. konnten sich die Juden im ganzen Land niederlassen und haben dann auch ihre eigenen Friedhöfe errichtet. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Friedhöfe geschändet. Teilweise wurden sogar Grabsteine entfernt und zum Straßen- und Mauerbau verwendet. Nach dem Krieg wurden viele Friedhöfe wieder hergerichtet. Leider kommen auch heute noch Schändungen jüdischer Begräbnisstätten vor.

Die Friedhofsregeln
Die Vorschriften der Friedhofsregeln sind in der jüdischen Religions- und Rechtsliteratur niedergeschrieben und beruhen auf biblischer Grundlage. Besonderheiten in den Friedhofsordungen von einem Ort zum anderen sind auf die allgemeinen Gesellschafts-entwicklungen zurückzuführen.
Laut den religiösen Vorschriften muss der jüdische Friedhof etwa 50 Ellen (eine Elle = ca. 50 cm) außerhalb der Ortschaft liegen und von einer Mauer umgeben sein. Das Friedhofstor sollte abschließbar sein, um Störungen zu vermeiden. Zwischen den einzelnen Gräbern ist ein 6 Handbreit Abstand vorgeschrieben.
Der Friedhof darf nicht als Abkürzung benutzt werden. Früchte, die auf dem Friedhof wachsen, dürfen nicht gegessen werden, ebenso darf hier das Vieh nicht weiden.
Beerdigungen finden nur wochentags statt. Am jüdischen Wochenende und an Feiertagen ist der Friedhof geschlossen, da man an diesen Tagen der Freude und nicht der Trauer verpflichtet ist. Der Friedhofsbesuch ist ebenfalls nur an Wochentagen gestattet. Auf den Gräbern finden sich immer wieder kleine Steine – ein Zeichen, dass das Grab von Angehörigen besucht wurde. Dieser Brauch ist uralt und dürfte bis zum nomadischen Ursprung der Israeliten zurückgehen.
Der Besuch eines jüdischen Friedhofes sollte freilich nicht mit einem Spaziergang durch ein Museum verwechselt werden. Hebräisch wird der jüdische Friedhof Bejt Olam genannt, was soviel wie Haus der Ewigkeit bedeutet. Das heißt auch, dass der jüdische Friedhof für die Toten Ruhestätte für alle Zeiten ist:
Die Grabsteine sind alle geostet und „blicken“ sozusagen nach Jerusalem, denn von da erhoffen sich die Toten die Auferstehung beim Kommen des Messias. Da alle Menschen vor Gott gleich sind, sind auch die Vorschriften dementsprechend. Laut Vorschrift sollten alle Tote in einem einfachen Holzsarg beigesetzt werden. Einfach, klein und schlicht sollten auch die Grabsteine sein. Bei einem Friedhofsbesuch kann man sich vom Gegenteil überzeugen. Oft steht der Grabstein in direktem Zusammenhang mit dem Geldbeutel.
Die Totenruhe darf nicht gestört werden! So kommt auch eine Exhumierung nicht in Frage. Die Erde, in der ein Jude gebettet wird, ist sein Eigentum auf ewig. Daher wird ein jüdischer Friedhof auch nie aufgelassen und kein Grab mehrmals belegt.
Jüdische Männer besuchen einen Friedhof nur mit Kopfbedeckung, auch von Nichtjuden wird dies als Zeichen der Ehrfurcht erwartet. Da der Tote als unrein gilt, müssen die Hände nach Verlassen des Friedhofs gewaschen werden. Ein Eimer mit Wasser und ein Handtuch sind am Ausgang vorhanden.

Der Friedhof
Der jüdische Friedhof von Oberdorf liegt am Ortsrand, in der Karksteinstraße, heute ein Neubaugebiet. Er ist einer von 144 jüdischen Friedhöfen, die in Baden-Württemberg erhalten geblieben sind, und einer von vier jüdischen Friedhöfen, die in unserem Kreis noch besichtigt werden können. (Es handelt sich hier in Reihenfolge ihrer Anlegung um Aufhausen ca. 1550, Oberdorf 1825, Pflaumloch 1837 und Ellwangen 1901.)
Bis 1825 beerdigten die Oberdorfer Juden ihre Toten auf dem uralten Friedhof in Wallerstein. Da seit 1810 Wallerstein zum Königreich Bayern gehörte, waren die Oberdorfer Juden gezwungen einen eigenen Friedhof anzulegen, zumal die Beerdigungen über die Staatsgrenze immer beschwerlicher wurden. Ein Grundstück für 400 Gulden wurde 1824 zu diesem Zweck von der Familie Leonard Braun erworben und 1825 der Friedhof eingerichtet. Heute ist der Friedhof Eigentum der Israelitischen Religionsgemeinde Stuttgart. Gepflegt wird er von der Stadt Bopfingen.
Auf dem Friedhof gibt es 479 Grabsteine. Die letzten Beerdigungen fanden 1947/48 statt. Es handelt sich um polnische Juden, sogenannte DP, die im Lager in Wasseralfingen untergekommen waren und auf die Klärung ihrer Lage warteten, hier aber den Tod fanden und in Oberdorf bestattet wurden.(Es sind die letzten 19 Grabsteine im Westen des Friedhofs.)
Der jüdische Friedhof von Oberdorf wurde zwei Mal geschändet. 1943 meldete die Firma, die mit dem Abtransport der metallenen Umrandungen der Gräber für Kriegszwecke verantwortlich war, der Verwaltung, dass viele Grabsteine eben auf diesen Umrandungen lägen. Die Firma beschwerte sich auch, dass sie ihrer Tätigkeit auf dem Friedhof nicht nachkommen könne.
Die zweite Schändung, von der wir Kunde haben, ereignete sich im Frühjahr 1945 als Schüler der „Siegerschule“ (Die „Siegerschule“ nach dem Inhaber benannt, war aus Stuttgart nach Bopfingen versetzt worden.) zusammen mit Oberdorfer Schülern auf dem Friedhof viele Grabsteine umwarfen und zerstörten.
Auf dem Friedhof sind zwei der sieben Rabbiner, die in Oberdorf gewirkt haben, beerdigt. Jakob Oberdorfer (geb. 1807 in Wallerstein, gest. 1884 in Oberdorf) war zwischen 1861 und 1884 Rabbiner in Oberdorf. Sein Grabstein aus Sandstein ist leider nur zur Hälfte erhalten geblieben. Eine darauf angebrachte Marmorplatte erinnert an den Mann, der 23 Jahre Rabbiner in Oberdorf war.
Dr. Hermann Kroner (geb. 1870 in Münster, gest. 1930 in Oberdorf) übte sein Amt als Rabbiner in Oberdorf von 1897 bis 1930 aus. Er promovierte in Tübingen mit der Dissertation „Maimonides, Comentar zum Tractat Bezah“. Völlig unerwartet verstarb Dr. Kroner am 30. Juli 1930. Auf seinem Grabstein aus Granit ist folgender Spruch zu lesen: „Hier Ruhe dein Körper, doch dein Geist wirke weiter im Menschen und in Werken“.

Auch der Wiederbegründer der jüdischen Gemeinde von Schwäbisch Gmünd, Hermann Guttmann (1849 - 1912) ist hier beerdigt.

Der wohl bekannteste Oberdorfer Jude, der auf dem Friedhof beerdigt ist, ist Karl Weil (1879 - 1935) Fabrikant und Kommerzienrat. Für seine Verdienste um die Gemeinde sowie die Wohlfahrtspflege und Wohltätigkeit ist er zu seinem 50. Geburtstag zum Ehrenbürger ernannt worden. Heute ist auch eine Straße nach ihm benannt.

Symbole
Auf vielen Grabsteinen des Friedhofes finden sich Symbole, die eine Besonderheit des hier Bestatteten darstellen. Die häufigsten Symbole sind:
Der Krug (auch in Kombination mit einem Teller). Der weist den hier Bestatteten als aus dem Stamm Levi abstammend aus. Die Leviten dienten in biblischer Zeit im Tempel in Jerusalem – ihr Symbol ist der Krug mit dem reinigenden Wasser. Meist erkennt man einen Nachkommen eines Leviten am Familiennamen Levi, Löw, Löwental o. Ä.
Die segnenden Hände weisen darauf hin, dass der hier Bestattete Nachkomme eines Priesters ist (hebr. Cohen). Der Priester erteilte den Segen. Auch hier weist gewöhnlich der Familienname auf die Herkunft aus einer Cohanim-Familie der biblischen Zeit hin, z. B. Cahn, Kahn, Cohen, Kuhn u. a.
Das Schofarhorn zeigt an, dass der hier Bestattete an hohen Festtagen in der Synagoge das Schofar geblasen hat. Dies war zum einen eine schwierige Aufgabe, zum anderen aber eine hohe Auszeichnung.
Das Messer weist darauf hin, dass der hier Bestattete das Ehrenamt der Beschneidung in der jüdischen Gemeinde hatte.
Der Davidstern, die Menorah und die Rose sind allgemeine Symbole des Judentums.
Tiere stehen oft für den Familiennamen (z. B. Hirsch, Löwe u. Ä.).

Text und Fotos:
Stadtarchivar Felix Sutschek M.A.

Der Friedhofsschlüssel ist im Rathaus Oberdorf, Tel. 07362/801-26 und bei Johann Lorenz, Karksteinstr. 20, Bopfingen-Oberdorf Tel. 07362-920238 zu bekommen.

©: Texte (und Bilder) mit freundlicher Genehmigung der Stadt Bopfingen

Zum Urlaubsplaner hinzufügen Zum Urlaubsplaner hinzufügen Zum Urlaubsplaner hinzufügen Zum Urlaubsplaner hinzufügen






Anzeigen



© 2012 Traumpfade der Welt - Ihr kostenloser Urlaubs-Planer
kostenlose Reisebeschreibungen, Reiseinformationen, Reisetipps zu Städten, Sehenswürdigkeiten, Museen, Schlösser, Burgen, historischen und interessanten Gebäuden, Kirchen, Landschaften, Hotels und Restaurants

Traumpfade der Welt
www.die-abfahrer.de www.globetrotter.org www.ergotherapie-fantasia.de/ www.booking.com/index.html?aid=325020